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Der Anspruch auf Auskunft im Urheberrecht
Der Urheber hat im Falle einer Verletzung seiner Rechte einen Anspruch auf Auskunft aus § 101 UrhG und § 242 BGB. Ein Überblick über Voraussetzungen und Folgen.

22. Dezember 2020

Auskunft Urheberrecht
(Bild: )

Um sicherzustellen, dass der Urheber Ansprüche wegen einer Verletzung seiner Rechte sicher durchsetzen kann, gewährt das deutsche (Urheber-)Recht verschiedene Ansprüche auf Auskunft gegen den Verletzter und unter Umständen auch gegen Dritte. Diese Auskunftsansprüche sind keine selbstständigen Ansprüche, sondern lediglich solche, die hilfsweise neben andere hinzutreten. 

§ 101 Abs. 1 UrhG: Urheberrechtlicher Anspruch auf Auskunft gegen den Verletzer

Zunächst gewährt § 101 Abs. 1 S. 1 UrhG dem Urheber einen Anspruch auf Auskunft gegen den Verletzer. Voraussetzung dafür ist eine Rechtsverletzung gewerblichen Ausmaßes.  

Laut der Begründung des Gesetzgebers liegt ein solches Ausmaß vor, wenn die Verletzungen zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. Für eine Beurteilung eines solchen Falls spielt gemäß § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG nicht nur die Anzahl, sondern auch die Schwere der Rechtsverletzung eine Rolle. So muss etwa in Fällen von Filesharing nicht nur die Zahl, sondern auch der Umfang der zur Verfügung gestellten Dateien berücksichtigt werden. Wurde etwa ein kompletter Film hochgeladen spricht dies für ein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung. Wurden nur kurze Ausschnitte des Films bereitgestellt, dürfte dies nicht der Fall sein.  

Auf feste Fallgruppen von Rechtsverletzungen gewerblichen Ausmaßes hat sich die Rechtsprechung allerdings bisher nicht verständigt. Darüber hinaus legt sie teilweise unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe an. Die Durchsetzung des Anspruchs auf Auskunft gegen den Verletzer aus § 101 Abs. 1 UrhG kann in der Praxis also durchaus schwierig sein.

§ 101 Abs. 2 UrhG: Anspruch auf Auskunft gegen Nichtverletzer

Daneben steht dem Urheber gemäß § 101 Abs. 2 S. 1 UrhG ein Anspruch auf Auskunft gegen Dritte zu, die nicht selbst Verletzer sind. Dazu gehören Personen, die 

  • im Besitz von rechtsverletzenden Kopien sind,
  • rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch genommen haben, 
  • Dienstleistungen erbracht haben, die für rechtsverletzende Handlungen verwendet wurden oder 
  • an der Herstellung, Herstellung oder dem Vertrieb der rechtsverletzenden Kopien, anderer Produkte oder Dienstleistungen mitgewirkt haben. 

Um die Auskunftspflichten auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, ist für einen Anspruch gegen Dritte ebenfalls ein gewerblicher Umfang der jeweiligen Handlungen erforderlich. Zur Sicherung eines berechtigten Anspruchsinteresses muss darüber hinaus eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegen. Alternativ muss der Rechtsverletzer bereits verklagt worden sein.  

In der Praxis richtet sich der Anspruch aus § 101 Abs. 2 UrhG vor allem gegen Host-Provider. Diese werden dadurch verpflichtet, dem Urheber Informationen über IP-Adressen, sowie hoch- und heruntergeladene Inhalte zur Verfügung zu stellen. Wegen der bereits erläuterten Schwierigkeiten bei der Interpretation des Merkmals „gewerblichen Ausmaßes“ kann eine Durchsetzung dieser Ansprüche aber ebenfalls kompliziert sein. Dies gilt insbesondere, weil der Urheber im Prozess die Beweislast trägt.

Der Umfang des Anspruchs auf Auskunft im Urheberrecht

Gelingt die Darlegung der Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 oder 2 UrhG, bestimmt sich der Umfang der Auskunftspflicht nach § 101 Abs. 3 UrhG: Danach ist der Anspruchsgegner zunächst zur Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der Kopien verpflichtet. Im Einzelnen umfasst dies Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke. Weiter muss der Verletzer oder der Dritte Auskunft über die Mengen und Preise der Vervielfältigungsstücke erteilen. 

Zum Schutz des Auskunftsverpflichteten ist der Umfang des Anspruchs auf Auskunft auf eben diese Informationen beschränkt. Vor allem muss der Verletzer keine detaillierten Geschäftsunterlagen vorlegen. In der Regel sollten die in § 101 Abs. 3 UrhG aufgezählten Informationen aber ausreichen. 

§ 101a UrhG: Der Anspruch auf Vorlage und Besichtigung

Neben Auskünften kann der Verletzte vom Verletzer auch die Vorlage von Urkunden oder die Besichtigung von Sachen fordern, § 101a Abs. 1 Satz 1. Diese Möglichkeit dient der Sicherung von Beweismitteln und ergänzt den Auskunftsanspruch gegen den Störer. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass Rechte aus dem Urheberrecht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verletzt worden sind. Außerdem muss die Inanspruchnahme verhältnismäßig sein, § 101a Abs. 2 UrhG

Für den Fall einer Verletzung gewerblichen Ausmaßes (vgl. die Erläuterung oben) wird der Anspruch auf Vorlage aus § 101a UrhG in § 101b UrhG auf Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handlungsunterlagen erweitert.

Wenn es schnell gehen muss: Auskunft im einstweiligen Verfügungsverfahren

Die Durchsetzung der Ansprüche auf Auskunft erfolgt normalerweise in einem sogenannten “Hauptsacheverfahren” vor einem Zivilgericht. Weil dies aber lange dauern kann, räumen § 101 Abs. 7 und § 101a Abs. 3 dem Verletzten die Möglichkeit ein, seine Ansprüche in einem sogenannten “einstweiligen Verfügungsverfahren” geltend zu machen. Das Gericht entscheidet dann innerhalb weniger Tage über einen Anspruch des Verletzten auf Auskunft, Vorlage oder Besichtigung. Der Verletzte hat dadurch die Möglichkeit, seine Rechte schnell und kostengünstig durchzusetzen.

§ 242 BGB: Allgemeiner Anspruch auf Auskunft

Neben den schon genannten Auskunftsansprüchen direkt aus dem Urheberrecht steht einem Urheber auch ein Anspruch auf Auskunft nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu. Ausgehend vom Sinn und Zweck von Auskunftsansprüchen besteht dieser jedoch nur, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die Rechtsprechung fasst diese wie folgt zusammen:

[Ein] Anspruch auf Auskunftserteilung setzt voraus, dass der Verletzte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Anspruchs auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich im Ungewissen ist und sich die zur Durchsetzung dieser Ansprüche notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, während der Verletzer sie unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, erteilen kann

BGH, Urteil vom 13. Juni 1985, Az.: I ZR 53/83

Liegen diese Voraussetzungen vor, bleiben etwaige Ansprüche aus dem Urheberrecht unberührt. Sie können unabhängig davon geltend gemacht werden. Dies wird in Fällen, in denen die Voraussetzungen vorliegen, auch häufig sinnvoll sein. Die Bedeutung des Anspruchs auf Auskunft aus § 242 beschränkt sich damit regelmäßig auf solche Fälle, in denen der Anspruchsgegner nicht in gewerblichem Ausmaß handelt.  

Zusammen mit den Ansprüchen aus dem Urheberrecht schafft § 242 BGB so ein System von Ansprüchen auf Auskunft, die dem Urheber eine sichere Durchsetzung seiner Rechte auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz wegen Rechtsverletzung ermöglichen.

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Die Autoren der Beiträge bei urheber.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Urheberrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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