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Sandalen als urheberrechtlich geschütztes Kunstwerk
Schuhmodelle können als Werke der angewandten Kunst Urheberrechtsschutz nach dem UrhG genießen. Dies hat das LG Köln entschieden.

8. Juni 2022

Sandalen im Sand
(Bild: Leonardo Valente auf Pixabay)

Im Jahr 2021 mahnte ein international tätiger Schuhhersteller einen Mitbewerber wegen von diesem hergestellter Sandalenmodelle ab. Er sah in den Modellen eine Verletzung seiner Urheberrechte. Der betroffene Hersteller lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung jedoch ab, sodass die Angelegenheit im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens vor dem Landgericht Köln weitergeführt wurde. Das Landgericht gab dem Antrag des abmahnenden Unternehmens statt.

Schuhmodelle als persönliche geistige Schöpfungen

Nach Auffassung der Kammer hat der antragstellende Schuhhersteller das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nach § 97 UrhG dargelegt und glaubhaft gemacht. Denn bei den streitgegenständlichen Schuhmodellen handele es sich um persönliche geistige Schöpfungen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Danach gehören Werke der bildenden Kunst, einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst sowie Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie persönliche geistige Schöpfungen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sind. Demnach müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Gegenstand als Werk eingestuft werden kann. Erstens muss der betreffende Gegenstand ein Original in dem Sinne sein, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zweitens ist die Einstufung als Werk solchen Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung zum Ausdruck bringen.

Maßgebend ist konkreter Schaffensprozess des Werkes

Das Vorliegen einer Schöpfung von Individualität und Originalität könne allerdings nicht allein aus den objektiven Merkmalen des fraglichen Werks abgeleitet werden, betonen die Kölner Richter in ihrem Urteil vom 3. März 2022 (Az.: 14 O 366/21). Vielmehr seien diese Merkmale auf der Grundlage ihrer Beziehung zum konkreten Schaffensprozess zu betrachten. Das Werk-Schöpfer-Verhältnis lässt sich dabei weder durch eine einseitige Betrachtung der Person des Urhebers noch durch die Analyse seines Werkes allein hinreichend erfassen. Entscheidend sind die Regeln, nach denen der Urheber eines bestimmten Werkes gearbeitet hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob er sich dieser Regeln bewusst war. Wenn bestehende Regeln dem Schöpfer eines Produkts in einem bestimmten Bereich vorschreiben, wie er es herzustellen hat, etwa auf der Grundlage erlernter Verarbeitungstechniken und Gestaltungsregeln, gibt es keinen kreativen Spielraum mehr. Dies hat zur Folge, dass die Entwicklung von Individualität in dem Fall nicht mehr möglich ist.

Kann hingegen – wie nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall – ausgeschlossen werden, dass ein Designer ausschließlich nach vorgegebenen Regeln gearbeitet hat, muss davon ausgegangen werden, dass er zumindest in gewissem Umfang eigene Gestaltungsentscheidungen getroffen hat. In diesem Fall besteht die Vermutung, dass er den vorgegebenen Gestaltungsspielraum zur Schaffung seines geistigen Produkts tatsächlich genutzt hat.

Infolgedessen seien die gegenständlichen Schuhmodelle auch urheberrechtlich geschützt. Aufgrund entsprechender Rechteübertragung vom Designer an den Schuhhersteller sei dieser auch berechtigt, den Anspruch u.a. auf Unterlassung geltend zu machen.

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