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Keine Parodie ohne Humor  
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt über die Bedeutung des Witzfaktors einer Parodie im Urheberrecht.

5. Juli 2023

(Bild: Stefan Schweihofer auf Pixabay)

Einfallsreichtum und Kreativität haben im Bereich des Urheberrechts einen hohen Stellenwert. Eine interessante Ausprägung dieses kreativen Schaffens ist die Parodie. Sie bietet die Möglichkeit, auf humorvolle und satirische Weise auf urheberrechtlich geschützte Werke oder Personen Bezug zu nehmen, ohne dass der ursprüngliche Urheber seine Erlaubnis erteilen muss. Doch was passiert, wenn eine Parodie nicht lustig ist? Das OLG Frankfurt traf dazu nun eindeutige Aussagen (OLG Frankfurt v. 02.02.2023, Az.: 11 U 101/22). 

Worum ging es? 

Der Kläger ist Rechtsanwalt und machte gegenüber dem Beklagten Unterlassungsansprüche geltend. Der Anwalt war Verteidiger in einem Strafverfahren wegen Besitz und Weitergabe von Kinderpornografie, welches in den Fokus medialer Berichterstattung geriet.  

Der Beklagte betreibt einen Instagram-Account und hatte sich dort im Rahmen eines Videobeitrags zu dem Prozess geäußert. Im Wesentlichen stellte der Beklagte dar, dass der Beklagte sich unangemessen verhalten und sein „cooles und lässiges Auftreten“ nicht der Schwere des Tatvorwurfs entsprochen habe.  

Weiter hatte der Beklagte eine Instagram-Story mit der Bildunterschrift „Endlich mal wieder Post vom Anwalt!“ gepostet, wobei er Fotos der klägerischen Website verwendete. Deren Nutzungsrechte liegen allein beim Kläger.  

Selbiges Foto verwendete der Beklagte in einer zweiten Story, die er mit dem Text „Diesen Anwalt finde ich…“ versah.  

Erstinstanzlich war eine den Anträgen des Klägers vollumfänglich entsprechende Unterlassungsverfügung gegen den Beklagten ergangen. Dieser legte Berufung ein und beantragte, die Klage abzuweisen. Er berief sich darauf, dass es sich bei der Story und dem Video um zulässige Beiträge in Form einer Parodie handle.  

Die Berufung hatte teilweise Erfolg.  

Grenzen der Parodie: OLG Frankfurt unterscheidet zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen im Streit um Instagram-Posts

Der § 51a des deutschen Urheberrechtsgesetzes betrifft die – nicht immer trennscharf abzugrenzenden – Kunstformen der Karikatur, Parodie und Pastiche. Im Rahmen dieser Norm wird es ausnahmsweise gestattet, Werke ohne Einwilligung und entgegen den Rechten der betroffenen Urheber zu verwenden.  

Der EuGH legte bereits 2014 fest, dass die wesentlichen Merkmale der Parodie darin bestünden, an ein bereits existierendes Werk zu erinnern, gleichzeitig jedoch wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen und einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Bei der Anwendung der urheberrechtlichen Ausnahmeregelung müsse ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Urhebers des parodierten Werks und denen des Parodisten gewahrt werden. Soweit die Parodie eine diskriminierende Aussage vermittle, so müsse dies bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden (EuGH, Urt. v. 03.09.2014, Az.: C-201/13).  

Das OLG Frankfurt stellte für den vorliegenden Rechtsstreit darauf ab, dass die streitgegenständlichen Beiträge durch sprachliche Äußerungen geprägt waren. Dies ließe – wenn überhaupt – nur die Einordnung als Parodie zu.  

Für den Videobeitrag sah das Gericht bereits die Charakteristika der Parodie als nicht gegeben an, bei einer der Stories hingegen schon. 

Der Humorfaktor: Ein entscheidendes Kriterium für Parodien 

Für den Schutzbereich des § 51a UrhG ist es wichtig zu beachten, dass die humorvolle Komponente eine zentrale Rolle für die Einordnung eines Beitrags spielt. Eine Parodie ohne Humor kann regelmäßig nicht die Voraussetzungen für den Schutz nach § 51 UrhG erfüllen. Das OLG Frankfurt betonte, dass „die Absicht, sich einen „Jux“ auf Kosten einer abgebildeten Person zu machen“ grundsätzlich schon zur Annahme einer Parodie ausreiche. Dem Videobeitrag des Beklagten fehle es hingegen an jeglicher humoristischen Komponente. Vielmehr handele es sich ausschließlich um Kritik am Kläger.  

Wenn eine angebliche Parodie den Humor vermissen lässt und stattdessen beleidigend oder diffamierend wirkt, kann dies als bloße Nachahmung oder Kopie des Originals betrachtet werden, was möglicherweise zu einer Urheberrechtsverletzung führt. In solchen Fällen könnten die Urheber des Originalwerks rechtliche Schritte ergreifen, um ihre Rechte zu schützen. 

In dem Fall aus Frankfurt hatte das Gericht deswegen den Unterlassungsanspruch des Klägers im Hinblick auf den Videobeitrag aufrechterhalten. 

Spott als Unterfall von Humor? 

Das Frankfurter Gericht setzte sich auch kurz mit der Frage auseinander, ob eine Verspottung immer auch als Subkategorie von Humor oder als eigenständige Alternative zum Humor angesehen müsse. Diese Thematik war auch Teil einer dem EuGH vorgelegten Frage, die dieser jedoch nicht erörtert hatte. Im Ergebnis ließen die Richter die Frage dahinstehen. „Jedenfalls zeichnet sich eine Verspottung dadurch aus, dass es sich um Äußerungen handelt, die mit einer Herabsetzung des Verspotteten einhergehen, Schadenfreude oder Verachtung bekunden oder hervorrufen oder verletzend oder boshaft sind.“ 

Solche Eigenschaften ließen sich dem Videobeitrag des Beklagten jedoch nicht entnehmen.  

In Bezug auf den Videobeitrag wurde eine Anwendung der urheberrechtlichen Ausnahmeregelung deshalb gänzlich abgelehnt.  

Parodie durch humorvollen Bildtext 

Die Verwendung des Bildes in der Instagram-Story mit der Unterschrift „Endlich mal wieder Post vom Anwalt!“ fasste das Gericht als ironische Bemerkung auf und befand diese für ausreichend humorvoll. Damit sei grundsätzlich von einer Parodie auszugehen. Im Wege der vorzunehmenden Interessenabwägung kam das Gericht dazu, dass die Verwendung des Fotos in der Story zulässig war. Der ursprüngliche Werbezweck des Fotos werde durch die streitgegenständliche Bildnutzung nicht vereitelt. Vielmehr sei der Zweck gerade dadurch erreicht, dass der Kläger identifizierbar dargestellt wurde. Er selbst habe schließlich das Foto auf seiner Homepage für jedermann sichtbar gemacht. Im Rahmen einer solchen Veröffentlichung müssten beworbene Personen oder auch Produkte immer damit rechnen, dass das Foto im Wege einer Parodie genutzt wird.  

Bezüglich der Story mit der Unterschrift „Diesen Anwalt finde ich…“ sah das Gericht die Interessen des Beklagten nicht als überwiegend an. Die „…“-Angabe lade den Betrachter geradezu zur Schmähkritik ein. Demgegenüber müsse die Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten zurücktreten.  

Inwiefern sich die Ausführungen des OLG Frankfurt auf die Zukunft der Rechtsprechung zum § 51a UrhG auswirken, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist im Hinblick auf die Bedeutung Sozialer Medien auch für den beruflichen Alltag vieler Menschen davon auszugehen, dass ähnliche Fallkonstellationen nicht lange auf sich warten lassen.  

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Die Autoren der Beiträge bei urheber.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Urheberrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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